FC-LeistungszentrumNeues Urteil bringt keine Klarheit im Streit über Geißbockheim-Pläne

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Das Geißbockheim von oben aufgenommen.

Das Geißbockheim von oben aufgenommen. Oben ist im Wald die Gleueler Wiese zu sehen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Münster aufgehoben und nach NRW zurückverwiesen.

Der Mittwoch ist ein Tag, an dem der 1. FC Köln zwar einen juristischen Erfolg erringt, doch der bringt den Klub seinem gewünschten Ausbau im Äußeren Grüngürtel (siehe Info-Text am Ende des Artikels) erstmal nur höchstens ein kleines Stückchen weiter. Das weiß auch Geschäftsführer Philipp Türoff, als er im Gespräch sagt: „Wir müssen vor Ort vorankommen und nicht nur nach Münster schielen.“

Seit Mittwoch ist klar, dass die Klage gegen den Bebauungsplan für den Ausbau am Geißbockheim zurück an das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) geht, dort soll eine Entscheidung fallen. So hat es das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden, es ist das oberste Verwaltungsgericht der Bundesrepublik. Es hat das OVG-Urteil aus dem November 2022 aufgehoben.

FC-Geschäftsführer Philipp Türoff sieht klares Signal

Die Stadt Köln, die den Bebauungsplan erstellt hat, teilt nach dem Urteil mit: „Damit ist weiter offen, ob der Bebauungsplan mit der Rechtskraft eines Urteils wirksam oder unwirksam ist.“ Wann es zu einer Entscheidung komme, liege nicht in der Hand der Stadt Köln. Friedmund Skorzenski, Sprecher der Bürgerinitiative „Grüngürtel für alle“, sagt: „Für uns ist das keine Niederlage, nein.“ Die Initiative hatte gegen den Plan geklagt. Türoff spricht von einem „starken Signal“.

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Die Visualisierung zeigt die ursprünglichen Pläne des Klubs.

Die Visualisierung zeigt die ursprünglichen Pläne des Klubs. Links im Bild sind die drei neuen Fußball-Plätze und die vier Kleinspielfelder zu sehen. Hinter dem Geißbockheim ist das Leistungszentrum mit begrüntem Dach zu sehen.

Denn das OVG hatte ja damals nur einen Fehler moniert: Dass die Stadtverwaltung die ebenfalls eingeplanten Kleinspielfelder für die Öffentlichkeit als Grünfläche ausgewiesen hatte, obwohl unter anderem asphaltierte Basketball-Felder vorgesehen waren. Dadurch, so das OVG, sei der ganze Bebauungsplan für das neue Nachwuchs-Leistungszentrum, die drei Fußball-Plätze auf der Gleueler Wiese und die Kleinspielfelder hinfällig, obwohl „weitere Mängel nicht ersichtlich sind“.

Gericht moniert nicht tragfähige Erwägung

Doch eben jene Einschätzung des OVG zu den Kleinspielfeldern hält das Bundesverwaltungsgericht für das Ergebnis „rechtlich nicht tragfähiger Erwägungen“. Vereinfacht gesagt: Da die versiegelten Kleinspielfelder nur einen sehr kleinen Teil der ausgewiesenen gesamten Grünfläche ausmachen, ist deren Charakter als Ganzes nicht gefährdet. Diese Argumentation macht Türoff für das Verfahren in Münster Mut, seine Logik: Da das OVG außer dieser Formalie nichts moniert hatte, müsste der Bebauungsplan nun wirksam sein.

Wie lange das Verfahren jetzt dauert, konnte eine OVG-Sprecherin am Mittwochnachmittag nicht sagen. Zunächst müsste die schriftliche Urteilsbegründung vorliegen. Ein Vorteil: Derselbe Senat, der das Urteil 2022 gesprochen hatte, übernimmt das Verfahren, er ist also eingearbeitet. Skorzenski sprach von einem „womöglich jahrelang andauernden weiteren juristischen Verfahren mit ungewissem Ausgang“. Er riet dem Verein, andere Lösungen zu suchen, als am Ausbau am Geißbockheim festzuhalten.

Politische Mehrheit fehlt

Auch nach dem Urteil am Mittwoch ist Stand jetzt weiter unwahrscheinlich, dass der Klub am Geißbockheim ausbauen kann. Türoff selbst hatte die verfahrene Situation rund um das Geißbockheim im vergangenen Jahr als „Sackgasse“ bezeichnet. Damals hatte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig die Revision gegen das OVG-Urteil zugelassen, Türoff sagte: „Die Entscheidung freut uns, sie ändert an der Lage in Köln aber erstmal nichts.“

Es sind Sätze, die auch am Mittwoch noch ihre Gültigkeit haben, weil dem Klub eine politische Mehrheit für den Ausbau fehlt. Mittlerweile orientiert sich der FC deshalb etwas weg von den Gleueler Wiesen, den Verzicht hatte er öffentlich sogar schon 2021 gegenüber dieser Zeitung thematisiert. Er konzentriert sich zunächst auf den Bau des Nachwuchs-Leistungszentrums.

Was ist mit den Pachtverträgen?

Es hat den Vorteil, dass es auf dem Gelände des Geißbockheims entstehen soll und nicht wie die neuen Fußball-Plätze auf einer unbebauten Wiese. Der Verein rechnet mit Kosten von rund 50 bis 60 Millionen Euro.

Für den Fall, dass das OVG den Bebauungsplan in der zweiten Runde für wirksam erklärt, könnte der Verein laut Stadt eine Baugenehmigung erhalten, wenn alle Unterlagen vorliegen. Der Vorteil: Darüber müsste möglicherweise nicht die Politik entscheiden, es wäre Sache der Verwaltung — allerdings könnten die schon bestehenden Pachtverträge für das gesamte Geißbockheim-Gelände ein Problem sein.

Neuer Platz in Hürth?

Darauf weist auch Skorzenski hin, weil das Leistungszentrum ja einen Fußball-Platz ersetzen soll: „Das ist schon ein Unterschied.“ Muss die Politik dieser Änderung also möglicherweise doch zustimmen? Dann wäre eine Zustimmung momentan laut der Aussagen aus der Politik nicht gegeben. In jedem Fall hat Skorzenki erneuten Widerstand angekündigt, möglicherweise auch per Klage. „Hochbauten im Grüngürtel sind aus der Zeit gefallen.“

Der Verein sucht nun Grundstücke und Möglichkeiten, um neue Plätze zu bauen, auch wenn er die Gleueler Wiese öffentlich weiter als 1A-Lösung bezeichnet. Unter anderem erwägt der Klub, einen Tennenplatz in Hürth-Efferen mit Kunstrasen auszustatten und dort Jugendteams trainieren zu lassen.

Skorzenski sagt: „Wir rufen alle politisch Verantwortlichen in Köln dazu auf, dieses Leipziger Urteil als einen Schlussstrich unter das gesamte Vorhaben um den Ausbau des FC im Grüngürtel zu akzeptieren.“


Das ist die Ausgangssituation

Start im Äußeren Grüngürtel Seit 1953 ist der 1. FC Köln am Geißbockheim im Äußeren Grüngürtel zu Hause, die Flächen hat er von der Stadt Köln gepachtet. 2008 hat er den Altbau erweitert, damals versicherte die FC-Geschäftsführung in einem Brief: „Der 1. FC Köln beabsichtigt auch in Zukunft nicht, Flächen zu überbauen, die nicht bereits jetzt mit Hochbauten überbaut sind.“

Geplanter Ausbau Doch seit 2014 plant der Verein einen Ausbau. Es geht um zwei Teile: Erstens soll neben dem Franz-Kremer-Stadion ein zweigeschossiges Nachwuchs-Leistungszentrum entstehen, es ersetzt einen bestehenden Fußball-Platz. Und zweitens sollen auf der benachbarten nordwestlich gelegenen Gleueler Wiese drei neue Plätze entstehen. Um einen Mehrwert zu schaffen, hat die Stadt noch vier Kleinspielfelder für die Öffentlichkeit eingeplant.

Wie die Politik abstimmte Den Bebauungsplan für diesen Ausbau hat der Rat im Juni 2020 mit Stimmen der CDU, SPD und FDP beschlossen, die Grünen sind dagegen. Auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) lehnt die Pläne ab, im Wahlkampf 2015 hatte sie das Vorhaben noch unterstützt.

Problem eins Die Gleueler Wiese ist eine städtische Fläche, der FC braucht einen politischen Beschluss für den Pachtvertrag – egal, ob der Bebauungsplan gültig ist oder nicht. Und für diesen Pachtvertrag gibt es keine umsetzbare Mehrheit, weil die Grünen aus der Kommunalwahl 2020 als stärkste Kraft hervorgingen und ein Moratorium zur Gleueler Wiese mit der CDU und Volt abschlossen. Die drei Fraktionen bilden ein Mehrheitsbündnis im Rat.

Die nächste Kommunalwahl ist im Herbst 2025, dann könnten sich neue Bündnisse bilden. Allerdings hat der FC gerade nur die Stimmen von AfD und SPD sicher, sie verfügen über 23 der 90 Stimmen im Rat.

Problem zwei Gegen den Bebauungsplan haben der NRW-Ableger des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) und die Bürgerinitiative „Grüngürtel für Alle“ geklagt. Es ist das Verfahren, in dem das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch geurteilt hat.

Problem drei Die von Politik und Verwaltung angedachte Lösung, den FC auf eine städtische Fläche an der A1 in Marsdorf zu verlagern, hat der Klub Anfang April abgelehnt. Er forderte von der Stadt mehr Geld, damit sie ihm die Gebäude und die Plätze am Geißbockheim abkauft, um damit zum Teil den neuen Campus in Marsdorf zu finanzieren. Er ging von Kosten von mindestens 120 Millionen Euro aus, wollte von der Stadt rund 60 Millionen Euro, sie lehnte aber mit Verweis auf das Beihilferecht ab.

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