Prozess soll neu aufgerollt werdenHarvey Weinstein erscheint an Rollstuhl gekettet vor Gericht

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Harvey Weinstein war gestern zum ersten Mal wieder in einem New Yorker Gerichtssaal seit seiner Verurteilung wegen Vergewaltigung im Jahr 2020.

Harvey Weinstein war gestern zum ersten Mal wieder in einem New Yorker Gerichtssaal seit seiner Verurteilung wegen Vergewaltigung im Jahr 2020.

Das Urteil gegen Weinstein war ein Meilenstein der Rechtsgeschichte und der #MeToo-Bewegung. Dann wurde es überraschend aufgehoben.

Nach der spektakulären Aufhebung des Vergewaltigungsurteils gegen den früheren Filmmogul Harvey Weinstein will die Staatsanwaltschaft den Prozess neu aufrollen. „Wir glauben an diesen Fall und wir werden diesen Fall neu aufrollen“, sagte die stellvertretende Staatsanwältin Nicole Blumberg bei einer Anhörung vor einem Gericht in New York, bei der auch der 72-jährige Weinstein selbst anwesend war, wie mehrere US-Medien übereinstimmend berichteten.

Auch die Verteidigung zeigte sich mit einem neuen Verfahren einverstanden. Beide Seiten signalisierten, dass sie im Herbst für einen neuen Prozess bereit sein könnten, wenn das in den Gerichtskalender passen würde. Richter Curtis Farber setzte erstmal eine neue Anhörung für den 29. Mai an. Ob es wirklich zu einem neuen Prozess kommt, könnte aber beispielsweise auch noch davon abhängen, ob Zeugen und Zeuginnen erneut aussagen wollen würden.

Verurteilung überraschend aufgehoben

Weinstein war 2020 wegen Sexualdelikten zu 23 Jahren Haft verurteilt worden. In der vergangenen Woche hatte ein Berufungsgericht in New York die historische Verurteilung überraschend aufgehoben. Mit knapper Mehrheit befand das Gremium, dass bei dem damaligen Prozess Verfahrensfehler gemacht wurden. Zahlreiche Unterstützer und Aktivistinnen der #MeToo-Bewegung hatten sich entsetzt gezeigt. 

Weinstein ist aber weiter in Haft, weil er 2023 in einem anderen Strafprozess in Los Angeles, in dem es ebenfalls um Sexualverbrechen ging, zu 16 Jahren Gefängnis verurteilt worden war. Auch dieses Urteil fechten seine Verteidiger an.

Weinstein-Prozess hatte mitunter #MeToo-Bewegung ausgelöst

Nach der Aufhebung des Urteils in New York war Weinstein aus einer Haftanstalt im Norden des Bundesstaats New York in das Gefängnis Rikers Island in der Metropole New York verlegt worden. Anschließend musste er nach Angaben seines Sprecher- und Anwaltsteams in einem Krankenhaus in Manhattan behandelt werden, er leide unter anderem an Bluthochdruck, Herzleiden und „einer Vielzahl“ von anderen Gesundheitsproblemen. In den Gerichtssaal wurde er gestern in einem Rollstuhl geschoben, an dem er mit seiner linken Hand festgekettet war. 

Gerichtsreportern zufolge wirkte der Filmmogul bei seinem Auftritt vor Gericht „geschwächt“ und „blass“. Der Anwalt Weinsteins bat vor Gericht darum, dass sein Mandant weiterhin im Krankenhaus bleiben dürfe, wo er derzeit behandelt wird. Die Staatsanwaltschaft forderte hingegen, dass Weinstein in Gewahrsam bleibe. Staatsanwältin Blumberg zeigte sich zudem zuversichtlich, dass der Filmmogul auch in einem neuen Verfahren verurteilt werden wird. Weinstein selbst äußerte sich bei dem rund 20 minutenlangen Gerichtstermin nicht.

Harvey Weinstein erscheint „geschwächt“ und „blass“ vor Gericht

„Ich finde Alvin Bragg (Staatsanwalt Manhattan) sollte sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren. Anstatt einen 72-Jährigen wieder vor Gericht zu zerren, der niemandem etwas tut und von dem auch keinerlei Gefahr ausgeht“, erklärte unterdessen Weinsteins Anwalt Arthur Aidala bei einer spontanen Pressekonferenz nach dem Gerichtstermin, berichtete „Bild“. Laut Aidala leide Weinstein seit Jahren an Herzproblemen und Diabetes. 

Der erste Weinstein-Prozess hatte einen Meilenstein der Rechtsgeschichte markiert. Der Fall hatte damals die #MeToo-Bewegung maßgeblich mit ausgelöst. Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen Weinstein öffentlich sexuelle Übergriffe vorgeworfen. Der Ex-Produzent hat stets jede Schuld zurückgewiesen und behauptet, sexuelle Handlungen hätten einvernehmlich stattgefunden. (das/dpa)

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