„Das soll skandalös sein?“Wirbel um angebliche „Staatsrezept“-Pläne für Tiefkühlpizzen und Co.

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Tiefkühlpizzen liegen in einem Supermarkt-Regal. Um einen Bericht über angebliche „Staatsrezept“-Pläne von Cem Özdemir gibt es Wirbel. (Archivbild)

Tiefkühlpizzen liegen in einem Supermarkt-Regal. Um einen Bericht über angebliche „Staatsrezept“-Pläne von Cem Özdemir gibt es Wirbel. (Archivbild)

Cem Özdemir weist einen Bericht der „Bild“-Zeitung über eine geplante „Supermarkt-Revolution“ mit deutlichen Worten zurück. 

Plant Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) „Staatsrezepte“ für Tiefkühlpizzen und andere Lebensmittel? Nein, sagt sein Ministerium. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat entsprechende Vorwürfe am Montag zurückgewiesen, wonach es künftig staatliche Vorgaben bei der Zusammensetzung von verarbeiteten Nahrungsmitteln geben solle.

Die Darstellung, wonach die Lebensmittelwirtschaft in Zukunft ihre Rezepturen für bestimmte zucker-, fett- und salzhaltige Lebensmittel staatlichen Vorgaben anpassen müsse, sei „schlichtweg falsch“, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag in Berlin. Vielmehr handele es sich um einen „gemeinsamen Prozess“, der auch von der Lebensmittelindustrie unterstützt werde und bereits auf die Vorgängerregierung zurückgehe.

Staatsrezepte für Pizzen? Ministerium widerspricht „Bild“-Zeitung

Es gehe „nicht um staatliche Vorgaben“, sondern „um einen Prozess, gemeinsam mit der Lebensmittelindustrie, wie man Lebensmittel gesünder machen kann“, betonte der Sprecher. Hintergrund ist demnach die bereits im Dezember 2018 verabschiedete nationale Reduktions- und Innovationsstrategie.

Darin verpflichtet sich die Lebenswirtschaft, bis 2025 die Anteile von Salz, Fett und Zucker in verarbeiteten Lebensmitteln zu reduzieren. Ziel ist insbesondere, die Häufigkeit von Übergewicht, Fettleibigkeit und ernährungsmitbedingten Krankheiten gerade auch bei Kindern und Jugendlichen zu verringern.

Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) bei einer Rede im Januar.

Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) bei einer Rede im Januar.

Am Donnerstag vergangener Woche hatte Özdemirs Ministerium allerdings kritisiert, dass es in den vergangenen Jahren zwar Verbesserungen gegeben habe, viele Produkte – etwa gesüßte Quarkzubereitungen oder Erfrischungsgetränke – aber weiterhin zu ungesund seien. Das staatliche Max-Rubner-Institut (MRI), das die Politik in Ernährungs- und Verbraucherschutzfragen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen unterstützen soll, hatte zuvor einen entsprechenden Zwischenbericht vorgelegt.

Kritik an Cem Özdemir nach Bericht über „Supermarkt-Revolution“

Özdemir erklärte, sein Ministerium habe daher das MRI beauftragt, „wissenschaftlich unterlegte Reduktionsziele in einem breiten Stakeholder-Prozess zu entwickeln“. Diese „objektive, wissenschaftlich fundierte Grundlage für weitere Reformulierungen wird mein Ministerium gegenüber der Lebensmittelwirtschaft einfordern“.

Am Montag hatte es dann Kritik auch aus den Reihen der Koalitionspartner FDP und SPD an Özdemir gegeben, nachdem die „Bild“-Zeitung berichtet hatte, dass der Minister eine „Supermarkt-Revolution“ und „Staats-Rezepte“ für Produkte wie Tiefkühlpizzen plane. Auch Joghurt- und Quarkprodukte, Limonaden, Backwaren und Wurst seien von den Plänen betroffen, hieß es. 

Cem Özdemir reagiert auf X: „Das soll jetzt skandalös sein?“

„Nachdem Cem Özdemir mit einem umfassenden Werbeverbot für Lebensmittel politisch vor die Wand gefahren ist, versucht er es nun mit staatlichen Rezepturvorgaben“, kritisierte der CDU-Agrarexperte Albert Stegemann und nannte die Pläne „übergriffig und unverhältnismäßig“.

Der Minister kommentierte den Bericht der Boulevardzeitung ebenfalls im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). „Gesündere Fertigprodukte im Supermarktregal bis 2025, wie es schon die Vorgängerregierung begonnen hat – das soll jetzt skandalös sein?“, fragte Özdemir in Richtung der Zeitung.

„Im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung des Handels, jetzt auch wissenschaftlich fundiert – das soll jetzt skandalös sein?“, fragte Özdemir weiter und fügte an: „Skandalös wäre es, wenn ich mich als Ernährungsminister *nicht* darum kümmern würde, dass die Bevölkerung die Möglichkeit hat, sich gut und gesund zu ernähren.“ (mit afp) 

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